Veitshöchheim. „Stolz kann ich sein, dass ich jener Partei angehöre, deren 94 Abgeordnete sich gemeinsam vor 80 Jahren dem ‘Ermächtigungsgesetz‘ entgegenstellten“, betonte SPD-Bundestagskandidat und Vorsitzender der AfA-Unterfranken Bernd Rützel am Rande einer Gedenkveranstaltung zu 80 Jahren „Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich (genannt ‘Ermächtigungsgesetz‘)“ in Veitshöchheim. Den Kommunisten war die Abstimmung bereits verwehrt und die bürgerlichen Parteien hatten zugestimmt. „Das war nicht nur eine einfache Abstimmung, sondern es ging darum, ob den Ansätzen der Weimarer Demokratie die Würde und die bürgerlichen Freiheiten genommen werden konnten. Das erforderte Mut, denn die Abgeordneten mussten durch ein Spalier mit johlenden SA- und SS-Männern in einen Saal der mit Hakenkreuzfahnen dekoriert war. Von den in der Reichstagswahl am 5. März gewählten 120 Abgeordneten der SPD konnten nur 94 teilnehmen. Die anderen waren bereits in „Schutzhaft“ genommen oder waren ins Ausland emigriert“, berichtete Rützel.
Der SPD-Kandidat für den Bundestag verwies darauf, dass die Arbeiterbewegung zu schwach war, sich 1933 Hitler und seinem Regime entgegen zu stellen. Die Arbeiterparteien waren zerstritten, die Mitgliederzahl der freien Gewerkschaften war zurückgegangen und nur noch ein Viertel der Mitglieder waren vollerwerbstätig. „Wie kampfstark kann eine Gewerkschaft sein, wenn der Großteil ihrer Mitglieder arbeitslos oder in Kurzarbeit ist“, fragte Rützel. „Die Beschäftigten waren in ständiger Angst um den Arbeitsplatz, den permanenten Repressalien der Arbeitgeber ausgesetzt und hatten den stetigem Verlust von Arbeitnehmerrechten vor Augen“, erklärte Rützel. „Deshalb verdient das Nein der Sozialdemokratie gegen das Ermächtigungsgesetz 1933 unsere hohe Anerkennung“, betonte Rützel. Eine pressewirksame Würdigung der Ereignisse vor 80 Jahren wäre sicher sinnvoller gewesen, als über Nichtigkeiten der Fürstenhäuser zu berichten, bemängelte Rützel.
Dem Referenten der Gedenkveranstaltung, Professor Dr. Klaus Schönhoven stimmte Rützel in der Aussage zu: „ Keine Sitzung in der deutschen Parlamentsgeschichte, die 1848 begann, kann mit der vom 23. März 1933 verglichen werden “.
Rützel bedauert, dass ein geschlossenes Vorgehen bei einem Verbotsantrag der NPD nicht möglich ist, weil die FDP-Minister diesen für die Bundesregierung blockieren. „Damit senden sie“, so Rützel „ein falsches Signal aus und begünstigen, dass die rechte Partei, die immer noch der Ideologie vor 80 Jahren anhängt, weiter mit Steuermitteln gefördert wird.“ Rützel rief dazu auf, am 1. Mai die breite demokratische Bewegung „Würzburg ist bunt“ zu unterstützen und sich gegen den geplanten Aufmarsch rechter Kräfte machtvoll entgegenzutreten.